30. September 2019
Free Tibet, www.freetibet.org

Wie Satellitenbilder zeigen, hat China fast die Hälfe der buddhistischen Lehrstätte Yachen Gar zerstört

Bis zu 6.000 Mönche und Nonnen wurden aus Yachen Gar vertrieben.

Anhand von Satellitenbilder kann nachgewiesen werden, daß durch Demolierungen großen Maßstabs fast die Hälfte von Yachen Gar eingeebnet wurde. Yachen Gar im Kreis Palyul in Osttibet ist eine der größten und bedeutendsten tibetisch-buddhistischen Lehrstätten der Welt.

Im August 2019 kam es zu einer Reihe von Demolierungen, die Teil eines Plans der kommunistischen Behörden sind, die Anzahl der Bewohner der Stätte zu reduzieren.

Vorher und nachher aufgenommene Satellitenbilder enthüllen die jüngsten Zerstörungen, die auf dem Westufer des durch den Komplex fließenden Flusses noch viel gravierender sind. Dort, wo das Gelände einst dicht bevölkert war, zeigen die Bilder jetzt eine nackte Fläche.

Satellitenaufnahme: Die Häfte von Yachen Gar wurde zerstört

Zusätzlich zu den Demolierungen wurden dieses Jahr auch Tausende von Mönchen und Nonnen zum Verlassen ihrer Behausungen und Andachtsorte gezwungen. Im Juli 2019 konnte Tibet Watch, das für Recherchen zuständig ist, bestätigen, daß 70 Nonnen ausgewiesen wurden. Dortige Quellen sprechen jedoch von mindestens 3.500 Ausweisungen dieses Jahr.

Nach ihrer Vertreibung wurden die 70 Nonnen zur Rückkehr in den fast 300 km entfernten Kreis Jomda, aus dem sie stammen, gezwungen. Zwei oder drei Monate lang wurden sie festgehalten und der patriotischen Umerziehung unterzogen, bei der die Inhaftierten gezwungen werden, die VR China zu rühmen und das im Exil lebende geistliche Oberhaupt Tibets, den Dalai Lama, zu verurteilen.

Wegen seiner Abgelegenheit und der zahlreichen Sicherheitskräfte in und um den Komplex ist es extrem schwierig, Informationen aus Yachen Gar zu bekommen. Ausländischen Besuchern ist der Zutritt verboten, und die Behörden haben das Überwachungsniveau auf dem Gelände gewaltig erhöht.

Es wird von etwa 600 paramilitärischen Kräften überwacht, die dort stationiert sind, um die übrig gebliebenen Bewohner zu kontrollieren. 2018 wurden 3.500 Behausungen zerstört, den Bewohnern wurde verboten, sie zu renovieren oder neue Wohnhütten zu bauen. Das Westufer des Flusses ist besonders von den Demolierungen betroffen. Im April 2018 erstellte Satellitenbilder zeigen, daß bereits damals zahlreiche Behausungen in diesem Teil des Komplexes abgerissen worden waren, um Platz für neue Straßen zu schaffen. Und die Häuschen zwischen diesen Straßen sind nun ebenfalls zerstört worden.

Der Fotonachweis läßt darauf schließen, daß ein Hauptgrund für die Demolierungen und Ausweisungen die Öffnung von Yachen Gar für den Tourismus ist. Nördlich des Komplexes wurden bereits ein Hotel und mehrere Parkplätze gebaut und die Straßen wurden verbreitert, um besseren Zugang zu gewähren.

Yachen Gar vor der Zerstörung und danach, Foto: RFA

Yachen Gar wurde 1985 gegründet, und in den folgenden Dekaden wuchs die monastische Gemeinschaft auf schätzungsweise 10.000 Personen an. Wegen des großen Anteils an Nonnen wird sie zuweilen „die Stadt der Nonnen“ genannt.

Obwohl die letzte Demolierungswelle, wie berichtet, im Juli 2019 begann, fanden die Ausweisungen und Abrißtätigkeiten mindestens bereits seit 2001 statt. Und diese Aktivität eskalierte in den letzten Jahren. Alleine 2016 wurden 1.000 Bewohner vertrieben und im August 2017 wurden 3.500 Behausungen für den Abriß markiert, damit die Straßen verbreitert werden könnten. Die Bewohner mußten ihre Behausungen selbst abbauen und die Behörden boten ihnen nur eine minimale Entschädigung für den Verlust an.

Die Demolierungen und die Zwangsausweisungen gepaart mit der Entwicklung der Tourismusinfrastruktur erinnern an ähnliche Ereignisse in dem nahegelegenen Kreis Serthar. Aus Larung Gar wurden mindestens 4.800 Leute hinausgeworfen und von Juni 2016 bis Mai 2017 4.700 Bauten, meistens Wohnhütten, abgerissen. Gleichzeitig wurden Hotels gebaut und die Straßen erweitert.

 Trotz der eindringlichen Appelle religiöser Autoritäten hielten die Demolierungen in Yachen Gar an. Als der Oberlama der Stätte im August 2017 dazu gezwungen wurde, eine weitere Demolierungsaktion anzukündigen, rief er die Bewohner auf, Ruhe und Geduld zu bewahren und keinen Widerstand zu leisten noch in den sozialen Medien über Einzelheiten zu berichten. Der Befehl zur Demolierung gleiche „einem Felsen, der von einem hohen Berge herabstürze – keiner könne ihn aufhalten“. Ein anderer Senior-Mönch aus Yachen Gar begab sich in die TAR und bat die Behörden dort, daß sie den noch nicht ausgewiesenen Mönchen und Nonnen aus der TAR doch erlauben mögen, in Yachen Gar zu verbleiben. Doch sein Ansuchen wurde verworfen.